Das Blatt hat sich gewendet

 

Wann werden die Auswirkungen der asurischen Erstgeborenen vollkommen überwunden sein?

 

Wir wissen es nicht, denn es geschieht in Interaktion mit uns als Menschheit: in dem Maße, wie unsere Spiritualisierung voranschreitet. Doch es ist beruhigend, zu wissen, wie die Mutter sagte, dass einige der Asuras sich umzustimmen begannen:

 

"Der erste Asura, den die Religionen Satan nennen, der Asura des Bewusstseins [der sich in Dunkelheit und Unbewusstheit verwandelte], wurde bekehrt und nimmt seither an der Arbeit teil. Der zweite [Liebe und Ananda, der zu Leiden wurde] löste sich selbst im Höchsten auf.“

 

Die zwei zunächst verbleibenden, der, der „Herr des Todes“ genannt wird, und der „Herr der Lüge“, Luzifer, der sich selbst „Herr der Nationen“ nennt waren am längsten aktiv, sollen sich aber mittlerweile bekehrt haben. Bislang schien letzterer nahezu unbehelligt mit den Nationen gespielt zu haben. „Tatsächlich hat er den ganzen Verlauf der Weltgeschehnisse während der letzten Jahrhunderte dirigiert“, sagte Mutter. Fortwährend wurde auf nationaler Ebene gezündelt, Krisenherde künstlich erschaffen und Kriege losgetreten, die weniger zum Ziel hatten, gewonnen zu werden, als vielmehr unendlich Gelder zu verschlingen und zu verschieben, die Nationen zu schwächen, sie auszuplündern und die Menschen in Angst zu halten. Wieviel "Menschenmaterial" dabei verschwendet wurde, ist jenen, die dahinterstehen, gleichgültig.

 

Auch, wenn sich die Asuras bekehrt haben, die Auswirkungen des asurischen Machtmissbrauchs halten immer noch an, da ihre Armeen, die sie erschufen, noch nicht besiegt sind. Satan selbst gab der Mutter diese Erklärung:

 

„`Ich habe Milliarden von Emanationen, und diese werden ihre eigenen Leben fortführen, aber die Wurzel, ihre Quelle, ist nun unschädlich gemacht.´ Wie lange wird es wohl dauern, bis sich dies erschöpft hat? Was immer sich schon vorbereitet hat wird seinen Gang nehmen und seinem Karma folgen. Wir können es nicht sagen. Die Quelle jedenfalls ist versiegt, und das ist das wirklich Wesentliche.“

 

Es ist der Herr der Falschheit und der Lüge, der sich selbst Herr der Nationen nennt, der versprach, so viele Katastrophen auf der Erde anzurichten, wie er noch kann, bevor er zu Füßen der Mutter sterben wird. Sein noch aktives Gefolge zwingt uns zu einer Entscheidung: 

 

   Willst du die Lüge oder willst du die Wahrheit?

Willst du den Tod oder willst du das ewige, göttliche Leben?

 

In dieser Frage gibt es keinen Kompromiss. Und wie weit sind wir alle derzeit noch vom `Ideal einer geeinten Menschheit´entfernt? Einer Menschheit, die geschlossen einer höheren, der höchsten, der göttlichen Wahrheit als Grundlage folgt?

Und so lautet die Antwort auf die anfangs gestellte Frage: Wenn in keinem Menschen mehr etwas antwortet auf die Verführungen und Anfechtungen durch die widergöttlichen Mächte.

 

 

 

Weshalb werden die Asuras nicht von der höchsten göttlichen Macht vernichtet? 

 

Die Mutter liebt alle ihre Söhne, auch die Erstgeborenen. Es ist für uns eine der schwierigsten Vorstellungen, dass sowohl die Asuras und Titanen, als auch die Götter ihre Daseinsberechtigung in dieser Welt haben. Sri Aurobindo war in der Lage, dieses komplexeste aller Geheimnisse der universellen Schöpfung in Worte zu fassen, wie kein anderer:

 

"Da Natur in Teilung und Egoismus begann, musste der Titan zuerst kommen; er ist hier in uns als der ältere Gott, der erste Regent des Himmels und der Erde des Menschen. Dann kommt der Gott, befreit und harmonisiert. So erzählt uns die alte Legende, dass Deva und Asura gemeinsam daran arbeiteten, den Lebensozean für den höchsten Trunk der Unsterblichkeit zu quirlen, aber – sobald er einmal gewonnen war – behielt ihn Vischnu dem Gotte vor und betrog den wilderen und heftigeren Arbeiter. Und das erscheint ungerecht; denn der Asura trägt den schwereren und undankbareren Teil der Last. Er fängt an und führt; er geht seinen Weg, hauend, formend, pflanzend: der Gott folgt, verbessert, beendet und erntet.

Er bereitet ungestüm und angstvoll gegen tausend Hindernisse die Kraft vor, die wir nutzen werden: der Andere genießt den Sieg und die Freude. Und daher ist der befleckte und stürmische Titan dem großen Gott Schiwa sehr lieb, Schiwa, der das zuerst aus dem Lebensozean gequirlte heftige, dunkle und bittere Gift für sich nahm und den Nektar Anderen überließ. Aber die Wahl, die Schiwa wissentlich und aus Liebe traf, vollzog der Titan aus Finsternis und Leidenschaft, etwas wirklich ganz Anderes begehrend und von seinem stürmischen Egoismus getäuscht. Daher gilt Wischnus Lohn; dem Gott werden Krone und Unsterblichkeit zufallen, nicht dem stolzen, energischen Asura – es sei denn, er vergöttliche sich."

 

 

Nicht nur für reine Gottheiten Hoffnung ist:
die heftigen und verfinsterten Göttermächte,
die einst im Zorn herniederfuhren aus der einen Brust, zu finden,
was die weißen Götter verfehlten, auch sie sind sicher;
auf ihnen ruhn die Augen einer Mutter, ihre Arme verlangen
in Liebe ausgestreckt ihre Aufruhrsöhne.
 
 Savitri, Buch X, Gesang 2

 

 

 

 

Meilensteine der jüngeren erdgeschichte

Chruschtschow und Kennedy in Wien, 3. Juni 1961; Quelle: Wikipedia

 

Es ist uns als Menschen nahezu unmöglich, gewisse globale Ereignisse in dem Moment, in dem sie geschehen, in ihrem übergeordneten Zusammenhang zu sehen. Meist gelingt es uns erst Jahrzehnte später.

Es war Satan, der Asura des Lichts, der in Unbewusstheit und Finsternis gestürzt war, der die Revolution in China anstiftete. Gegenüber der Mutter sagte er: „Ich werde eine Geheimgesellschaft organisieren, um die Revolution in China in Gang zu bringen. Und denk an meine Worte: Es wird genau in fünf Jahren passieren“.

 

1905 gründete Sun Yatsen (1866-1925) ein loses Bündnis mit anderen Mandschu-Gruppen und bildete den Tongmenghui, den direkten Vorläufer des Kuomintang. Nach mehreren Aufständen, die allesamt scheiterten, war die Revolte vom Oktober 1911 von durchschlagendem Erfolg gekrönt.

Der Wuchang-Aufstand begann am 10. Oktober 1911 in Wuchang, heute Stadtteil von Wuhan (!), Hauptstadt der chinesischen Provinz Hubei, und endete mit dem Thronverzicht des sechsjährigen Kaisers Puyi am 12. Februar 1012.

Damit wurde das über 2100 Jahre alte chinesische Kaiserreich, das langlebigste politische System der Menschheit, beendet, und am 1. Januar 1912 die erste chinesische Republik gegründet.

 

(Quelle: "Mirra die Okkultistin", Sujata Nahar und Wikipedia)

 

Genau fünf Jahre zuvor, im Oktober 1906, hielt sich Mirra in Tlemcen auf. Sie hatte sich Satans Worte notiert und bestätigte, dass es tatsächlich genau fünf Jahre später geschah: "Er wusste es, bevor er wegging. Und das wird der Beginn sein, die erste irdische Bewegung, das Vorspiel zur Transformation.“

Sri Aurobindo nannte es die supramentale Transformation, Max Théon nannte sie `die Neue Welt´ oder `die neue Schöpfung auf Erden und der verklärte Körper´.

Sri Aurobindo bestätigte viele von Théons Aussagen, auch wenn er dafür oft eine andere Terminologie nutzte: "Diese Frage der Natur des supramentalen Körpers wurde von Théon beantwortet. Er war damals in Frankreich und sagte, der supramentale Körper werde ein `Körper des Lichts, un corps glorieux´ sein."

In der Bibel spricht Johannes von einer neuen Erde und einem neuen Himmel: "Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr." Offb 21,2. Denn das neue, göttliche, supramentale Leben wird jenseits von Leben und Tod sein, etwas vollkommen Neues. 

 

„Du erinnerst dich", erläuterte die Mutter Satprem gegenüber an anderer Stelle, "wie dieser große Asura – der Erstgeborene, dem ich einst einen subtilen Körper gab – gesagt hatte, er geht nach China, und die chinesische Revolution ... werde den Beginn der Arbeit der irdischen Transformation ankündigen. Diese Dinge sind wie Meilensteine auf einer Straße, und die chinesische Revolution war der erste Meilenstein, der diese Straße überhaupt freigab.“

Ein weiterer war die Ermordung von John F. Kennedy. Es war „eines dieser Zeichen, sie ist eine der Landmarken. Dies wurde mir gesagt. … Ich zählte auf Kennedy, und dies nicht ohne Grund, denn er war damit einverstanden, mit Russland zusammenzuarbeiten, um den Frieden auf Erden zu begründen. Die Gespräche hatten begonnen, und man hatte die Gelegenheit der Aggression Chinas gegen Indien als Anlass dazu genommen. Der andere in Russland, der auch zugestimmt hatte, ist nur deshalb nicht tot, weil er rechtzeitig abtrat.“

Ein Jahr nach der Ermordung Kennedys wurde Nikita Chruschtschow seines Doppelpostens als Ministerpräsident der UDSSR und erster Sekretär der sowjetischen Kommunistischen Partei enthoben.

 

Diese beiden Vorfälle bezeichnete die Mutter als „GEWALTSAMEN Rückschlag“. Dennoch war die Ermordung Kennedys der Anlass, „um eine Bewegung der irdischen Transformation in Gang zu setzen.“ Die Ermordung eines John F. Kennedy löste eine der größten Wahrheitsbewegungen der Menschheit aus, die bis heute anhält. Es war ein weltweiter Weckruf.

Heute arbeiten die Menschheit und eine große Anzahl unsichtbarer Wesen aus den unterschiedlichsten Dimensionen zusammen, um dem letzten Asura die Stirn zu bieten und der irdischen Verwirklichung zu dienen: Der supramentalen Transformation.

 

 

Was verstehen wir von den göttlichen Plänen?

 

Dem großen Ganzen und dem Zusammenspiel immenser, unsichtbarer, widerstreitender universeller Kräfte, die in uns eintreten und uns bewegen, solange wir in Unbewusstheit und (spiritueller) Unwissenheit versunken sind? Schlimme Ereignisse erschüttern unser Gemüt und erschrecken uns, aber sie brechen auch unsere Trägheit auf. Sie eröffnen uns als Menschheit einen neuen Weg, den wir ausarbeiten werden in der Zeit, an die wir in dieser irdischen Dimension noch gebunden sind und die uns oft so quälend `langsam´ erscheint. Doch je höher wir schwingen, umso schneller wird sie für uns vergehen.

Betrachten wir auch schmerzhafte Erschütterungen positiv: Sie erschließen nicht nur neue Wege, sie brechen alte Strukturen auf, beschleunigen das Kommen des Guten und verkürzen die Zeit des Leidens. Umso mehr – für den Einzelnen und uns als Menschheit -, je eher wir die wahren Hintergründe begreifen und uns endgültig entscheiden, wo wir stehen.

 

Stellen wir uns kompromisslos auf die Seite des göttlichen Bewusstseins, denn in Ihm, der auch in den finsteren Tiefen des Unbewussten wohnt, nimmt alles, was auf der Erde geschieht, seinen Anfang, bevor es sich vor unseren physischen Augen entfaltet. Reiten wir auf dieser Welle, die uns trägt, bis wir dies als wahr erfahren. Wir werden immer schon mehr oder weniger unbewusst vom Göttlichen bewegt und sind geneigt, uns im Leben selbst den Pfad durchs Dickicht zu erkämpfen. Aber der Weg wurde durch Sri Aurobindo und die Mutter längst erschlossen, wir brauchen ihn nur anzunehmen.

 

 

Das Erwachen hat begonnen – auch in der Materie

 

Es ist eine schier unendliche Arbeit im Unterbewussten. Schwer zu glauben, dass in den Tiefen des Unbewussten das Göttliche Bewusstsein zugegen ist. Und doch – besitzt man die innere Schau, erkennt man es. In dieser nie endenden Schwärze, dunkler als die Nacht und scheinbar hart wie Granit, wird man es gewahr als Lichtschein, der hinter der nächsten Biegung auf einen wartet oder zwischen zwei Felsblöcken hervorstrahlt. Oder wie Abermillionen golden leuchtender Punkte, die die Dunkelheit immer dichter erfüllen.

 

Sri Aurobindo und die Mutter arbeiteten klärend in Mental und Vital, bevor sie die Notwendigkeit erkannten, bis ganz auf den Grund der Materie hinabzutauchen. Dort, als sie in den physischen Bereich und weiter hinunter ins Unterbewusste und Unbewusste hinabstiegen, „begann die ganze Schwierigkeit. Und erst, als ich ins Unbewusste hinabstieg, stieß ich auf die göttliche Gegenwart, dort im Herzen der Finsternis“, beschrieb die Mutter. „Während meiner Arbeit mit Théon in Tlemcen – bei meinem ersten Aufenthalt –, stieg ich einmal in das totale, nicht individualisierte, d.h. in das allgemeine Unbewusste hinab. … Und dort stand ich plötzlich vor etwas, das sich öffnete – einer Art Gewölbe oder Grotte, natürlich stand es symbolisch für etwas, und als sich das öffnete, sah ich ein Wesen regenbogenfarbenen Lichts, das mit seinem Kopf auf seiner Hand ruhte, in tiefem Schlaf. Das ganze Licht um das Wesen herum schimmerte regenbogenfarben.

Als ich Théon erzählte, was ich sah, sagte er, dies sei der `in den Tiefen des Unterbewussten innewohnende Gott.´

Aber dann geschah etwas Bemerkenswertes: Als ich es anschaute, öffnete es seine Augen – es wachte auf. Es drückte damit den Beginn einer bewussten, erwachten Aktion aus.“

 

Berührt von reinem göttlichen Bewusstsein und reiner göttlicher Liebe erwachte es: "Zahllose Strahlen gehen von seinem Körper aus und durchziehen das Unbewusste, bis sie nach und nach in jeder Sache, sozusagen in jedem Atom, die Aspiration zum Bewusstsein und zum Beginn der Evolution erwecken. …“

Dieses Wesen habe die Farbe eines weißen, funkelnde Strahlen aussendenden Diamanten: „Dies ist in Wirklichkeit der Ursprung aller Avatare.“

 

In der Revue Cosmique des Jahres 1906 wurde Mutters Vision ungekürzt veröffentlicht.


 

 

Werk der Malerin Priti Ghosh

 

 

Wo immer Schönheit, wo immer ein Strahlen, wo immer ein Voranschreiten in Richtung Vollkommenheit zu finden sind, sei es in himmlischen Höhen oder himmlischen Tiefen, trifft man dort mit Sicherheit die menschengleiche Form und Gestalt – die Statur des Menschen als höchstem irdischen Evolutor.

 

 

   Soeben schlief ich noch, und nun erwache ich.

   Ich schlief auf den Wassern im Westen, und jetzt dringe ich in den Ozean, um seine Tiefen zu erforschen. Seine Oberfläche schimmert im Grün des Beryll, silbrig unter den Strahlen des Mondes. Die Farbe des Wassers darunter, schon matt leuchtend, ist das Blau des Saphirs.

Auf seidenen Wellenkämmen gebettet, sinke ich tiefer, eine regelmäßige und sanfte Bewegung wiegt mich von einer Woge zur nächsten und trägt mich direkt nach Westen. Je tiefer ich sinke, um so leuchtender erscheint das von großen silbernen Strömungen durchwallte Wasser.

   Lange Zeit sinke ich so, von Welle zu Welle getragen, tiefer und tiefer.

 

   Plötzlich erblicke ich über mir etwas Rosafarbenes. Ich nähere mich und nehme ein korallenartiges Gebüsch wahr, groß wie ein Baum, das sich an ein blaues Riff schmiegt. Die Bewohner der Wasser kommen und gehen, unzählig und vielfältig. Nun stehe ich auf dem feinen glänzenden Sand. In Bewunderung blicke ich um mich. Dort sind Berge und Täler, phantastisch anmutende Wälder, seltsame Blumen, die auch Tiere sein könnten, und Fische, die man für Blumen halten könnte – es gibt keine Trennung, keine Kluft zwischen den bewegten und den bewegungslosen Wesen. Überall sind Farben, sanfte oder lebhafte und schillernde, aber stets verfeinert und in Einklang. Ich schreite auf dem goldenen Sand und betrachte all diese Schönheit in ihrem sanften blauen Licht, die von kleinen rot, grün und golden leuchtenden Lichtkugeln durchsetzt ist.

   Wie wundervoll sind die Tiefen des Meeres! Überall spürt man dort die Gegenwart des Einen, in dem jegliche Harmonie ruht.

   Ich gehe weiter gen Westen, unermüdlich, im gleichen Tempo. In unglaublicher Vielfalt folgt Wunder auf Wunder. Hier fließen feine zarte Algen wie langes goldenes oder violettes Haar von einem Felsen aus Lapislazuli, dort ragen große rosafarbene Festungswände empor, alle mit Silber besprenkelt; dort Blüten, die aus riesigen Diamanten gemeißelt scheinen; dort Kelche, schöner als das Werk des geschicktesten Ziseleurs – gefüllt mit smaragdenen Tropfen und vibrierend im Spiel von Licht und Schatten.

  Jetzt suche ich mir meinen Weg zwischen felsigen saphirblauen Wänden auf einem silberbetupften Pfad, und das Wasser wird immer klarer und leuchtender.

  

   Plötzlich wendet sich der Pfad und ich stehe vor einer kristallgewirkten Grotte, funkelnd in den Farben des Prismas. Zwischen zwei leuchtenden Säulen steht ein hochgewachsenes Wesen; sein von kurzen blonden Locken gesäumtes Antlitz ist das eines jungen Mannes, seine Augen sind meeresgrün. Es ist in eine hellblaue Tunika gekleidet, und auf seinen Schultern sitzen gleich Flügeln große schneeweiße Flossen. Mich wahrnehmend, schmiegt er sich an eine der Säulen, um mich passieren zu lassen. Kaum habe ich die Schwelle zur Grotte überschritten, vernehme ich eine himmlische Melodie. Die Wasser leuchten hier alle im Glanze des Regenbogens, der Boden ist mit schillernden Perlen bedeckt, Säulengang und Gewölbe sind opalartig, anmutig behangen mit Stalaktiten. Köstliche Düfte schweben allüberall. Galerien, Nischen, Winkel führen in alle Richtungen, aber direkt vor mir erblicke ich ein helles Licht, und ihm wende ich mich zu. Kräftige Strahlen aus Gold, Silber, Saphir, Smaragd, Rubin breiten sich nach allen Seiten aus, von einem Zentrum, das zu fern ist, als dass ich es ausmachen könnte. Eine mächtige Anziehungskraft drängt mich dorthin.

   Jetzt nehme ich wahr, woher die Strahlen kommen. Ich sehe ein liegendes Oval aus weißem Licht, umgeben von einem prachtvollen Regenbogen, und ich spüre, dass jener, den das Licht vor meinen Augen verbirgt, in tiefe Ruhe versunken ist.

   Lange verharre ich am äußeren Rand des Regenbogens und versuche, das Licht zu durchdringen und jenen zu erblicken, der von solcher Pracht umgeben schläft. Unfähig, etwas zu erkennen, schreite ich durch den Regenbogen und betrete das leuchtend weiße Oval. Dort sehe ich ein wunderbares Wesen, ausgestreckt auf flaumigen weißen Daunen, sein geschmeidiger Körper von unvergleichlicher Schönheit ist in ein langes weißes Gewand gehüllt. Von seinem auf einem Arm ruhenden Haupt sehe ich nur sein langes Haar in der Farbe reifen Korns, das bis über die Schultern fließt. Bei diesem prächtigen Anblick durchdringt mich ein erhebendes, süßes Gefühl, verbunden mit einer tiefen Verehrung.

   Hat der Schlafende meine Gegenwart gespürt? Denn er erwacht und erhebt sich in seiner vollen Anmut und Schönheit. Er wendet sich mir zu, und seine Augen begegnen den meinen – leuchtende, malvenfarbene Augen mit einem Ausdruck unendlicher Sanftheit und Zärtlichkeit. Wortlos heißt er mich auf erhabene Art willkommen, worauf mein ganzes Wesen freudig antwortet. Dann nimmt er mich bei der Hand und führt mich zum Lager, das er soeben verlassen hat. Ich strecke mich auf den weichen Federn aus, und sein anmutiges Gesicht beugt sich über mich – ein sanfter Kraftstrom erfüllt mich gänzlich und belebt jede meiner Zellen.

   Eingehüllt in die prächtigen Farben des Regenbogens, umgeben von wiegenden Melodien und köstlichen Düften, sinke ich unter seinem so mächtigen und zärtlichen Blick in einen glückseligen Schlaf. Und in meinem Schlaf lernte ich viele schöne und nützliche Dinge.

 

   Von all den wunderbaren Dingen, die ich ohne den Lärm von Worten verstand, erwähne ich nur eines: Wo immer Schönheit, wo immer ein Strahlen, wo immer ein Voranschreiten in Richtung Vollkommenheit zu finden sind, sei es in himmlischen Höhen oder himmlischen Tiefen, trifft man dort mit Sicherheit die menschengleiche Form und Gestalt – die Statur des Menschen als höchstem irdischen Evolutor.

 

 

 

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